Sie sind hier: Global-Wanderer > Reisen > Marokko > vom Erg Chebbi nach Westen vom Erg Chebbi nach WestenNach etlichen Tagen ging die Fahrt vom Erg Chebbi weiter nach Norden. Ziele sollten die Blaue Quelle bei Meski, Er Rachidia und der See Al Hassan Addakhil werden, weiter die Khettaras bei Jorf, ein Museum bei Tinejdad und so manche Übernachtung irgendwo auf und an diesem Weg.
Das war der Plan ... eigentlich ... aber dann kam alles doch noch ganz anders und ich habe meine Reisepläne erst einmal radikal geändert. Grund dafür ist die Geißel, Corona, die jetzt die ganze Welt heimsucht ... weiter unten mehr dazu .. Die Route führte von der Position nordöstlich von Merzouga, von der Ostseite des Erg Chebbi in der ersten Etappe bis Erfoud - da wo die rote Linie meines Tracks endet. Hier endeten auch meine Pläne und nach 2 Tagen bin ich dann die direkte Route nach Tinghir und bis zur Todra Schlucht gefahren Abschied aus dem Erg Chebbi
Doch bereits bei der Abfahrt aus Erfoud hat sich das nächste Unheil angebahnt. Der Himmel über mir war längst nicht mehr blau, sondern mit einem ständig dichter werdenden Schleier aus gelb-grauem Staub getrübt. Nur kurz nach meiner Ankunft an der Todra war das Unheil dann deutlich zu sehen. Ein riesiger Sandsturm begann das ganze Land einzudecken ...
Aber das sollte nicht das einzige Unheil sein ... es kamen Wind, Kälte und, wie weiter oben schon angedeutet, die Auswirkungen von Corona ... |
Sie sind hier: Global-Wanderer > Reisen > Marokko > Corona CoronaSo sehr ich mich auch bemüht habe, dieses Thema aus meiner Fahrt heraus zu halten - es hat auch mich eingeholt! Es war ein schleichender Prozeß und fing schon an, bevor ich mit dem Wanderer von Deutschland aufgebrochen bin. In meinen letzten Tagen vor der Abfahrt aus Deutschland habe ich sie noch mitbekommen - die Bilder und Nachrichten aus China mit immer dramatischeren Zahlen über Infizierte und Tote. Auch kann ich mich noch gut an ein Fernseh-Interview mit dem Nordrhein-Westfälischen Ministerpräsidenten, Armin Laschet, erinnern in dem er sagte, daß in Deutschland keine gravierenden Auswirkungen durch den Corona-Virus zu befürchten sind ... außerdem seien wir in Deutschland und besonders in NRW, "gut gerüstet" ... Dann begann das Marokko-Abenteuer. Von einem Moment auf den anderen
gab es keine Zeitungen mit reißerischen Überschriften mehr, keine
Nachrichtensendungen mit sich immer weiter ausbreitenden Fallzahlen
mehr, ja nicht einmal mehr Radio. Von einem Moment auf den anderen war
ich in einer völlig anderen Welt, die anscheinend nichts mit dem Rest
der Welt zu tun hatte. Auch meine Art dieses Land zu entdecken, hat
viel zu diesem Gefühl beigetragen, war ich doch tage- und wochenlang
sogar von anderen Menschen weitgehend abgeschnitten. Dann folgte die nächste Eskalationsstufe: Die Infos überschlugen sich, sprachen von gestrichenen Fährverbindungen, geschlossenen Grenzen, Reisebeschränkungen ... Das alles ging an mir nicht spurlos vorüber. In winzig kleinen Schrittchen anfangs, ging die innere Sicherheit, weit genug von allem entfernt zu sein, nicht davon betroffen zu sein, immer mehr verloren. In dem Moment, wo ich die freie Wahl verloren habe meine Fahrt jederzeit beenden und wieder nach Hause fahren zu können, setzte die Beklemmung ein. Von einem Moment auf den nächsten war ich von äußeren Entwicklungen und Entscheidungen anderer vollkommen abhängig. Jetzt war der Damm gebrochen und das Thema Corona wurde zu einem festen Bestandteil meines Denkens und meiner Gefühle. Dann kam die 3. Eskalationsstufe. Freunde, die mir noch vor einer
Woche sagten, ich solle wegbleiben von der Hysterie zu Hause, schickten
auf einmal Links der Deutschen Botschaft in Rabat, Kontakte zu
Fährgesellschaften mit denen ich den Wanderer möglicherweise verschicken könnte,
Links zu Krisenlisten des Außenministeriums, Hinweise auf Bekannte von
Bekannten die jemanden kennen, wo ich den Wanderer vielleicht abstellen kann während ich
selbst mit einem der Evakuierungsflüge (Info der Deutschen Botschaft am
18.03.2020) das Land so schnell wie möglich verlasse und vieles mehr
... Entscheidungsfindung im Umfeld von Corona
Entscheidung und ZweifelIn der aktuellen Situation ist die Entscheidung logisch und eigentlich einfach: Ich kann, will und werde den Wanderer nicht in Marokko zurücklassen und selbst überstürzt flüchten. Punkt! Dann ist da aber auch das "Aber". Falls -wenn- sich die Lage in Marokko dramatisch verschlechtert, sind meine Handlungsoptionen wahrscheinlich ebenfalls dramatisch schlechter. Sollte ich selbst infiziert werden, sind auch meine Behandlungsmöglichkeiten ... Was bleibt, ist dieses quälende Gefühl, vielleicht die falsche Entscheidung getroffen zu haben. konkreter PlanWo will ich sein, wenn es auch in Marokko zu massiven Einschränkungen der Reisefreiheit und Quarantänemaßnahmen kommt - wie jetzt aktuell in Spanien und Portugal? Antwort: Nicht in der Wüste! Dort ist zwar die Ansteckungsgefahr am geringsten, dafür aber auch die Versorgungssituation und -auf Dauer- jede Form von Lebensqualität. Wohin also? Antwort: Das Landesinnere verlassen und so schnell wie möglich zur Küste und so weit wie möglich nach Süden. Weg von allen Touristenhochburgen und großen Städten. Der Plan ist, Marokko*) quasi zu "verlassen" und in Westsahara wahrscheinlich bis Ad-Dakhla zu fahren. *) Westsahara war bis 1975 eine Kolonie Spaniens. Nach Abzug der Spanier wurde das Gebiet von Marokko beansprucht und annektiert. Wer mehr dazu erfahren will: https://de.wikipedia.org/wiki/Westsahara |
Sie sind hier: Global-Wanderer > Reisen > Marokko > Gefangen auf Atlas Gefangen auf AtlasDas war der Plan, aber dann kam alles ganz anders. Mittwoch, 18. März 2020, hätte ich heute fahren können, wäre der Plan noch aufgegangen ... hätte ... aber das, was sich gestern schon mit so giftigen Farben in der Luft angekündigt hatte, war heute über mir! Ein schlimmer Orkan mit heftigsten Sturmböen und sandgetränkten Regenschauern! Der Wetterbericht sagte, daß sich das Wetter erst zum Ende der Woche wieder bessern würde ... und damit die falsche Entscheidung: Ich bleibe und warte besseres Wetter ab ...
Donnerstag, 19. März 2020Keiner von den wenigen Menschen auf dem Campingplatz Atlas vor dem Eingang zur Todra Schlucht kann sich dem Thema Corona entziehen ... gerade ging einer von den Angestellten des Platzes von einem Fahrzeug zum nächsten und notierte die Namen aller Gäste! Sind es jetzt die Flöhe die auch schon den Virus haben und husten? Jeder denkt daran, daß morgen vielleicht die Gendamerie Royale vor dem Platz steht und niemand mehr herauskommt ... Der Campingplatz Atlas liegt sehr geschützt zwischen Palmen an der tiefsten Stelle des Tals, wenige Kilometer vor der Todra Schlucht. Verläßt man aber den Platz, pfeifen einem heftigste Windböen, angefüllt mit Wüstenstaub entgegen. Der Himmel hat mittlerweile eine giftig-dunkelbraune Farbe angenommen und die Palmen etwas weiter oberhalb des Platzes werden immer wieder heftig hin- und hergerissen. Dazu kommen schweres Donnergrollen und manchmal ein paar Regentropfen, die sandige, gelbe Flecken hinterlassen. Eine Weiterfahrt unter den jetzigen Bedingungen, besonders über sehr lange Strecken, muß ich im Moment ausschließen - eine Flucht in die Wüste, weg von möglicher Kasernierung? Unter den Bedingungen? Aber niemand hat die berühmte Glaskugel - vielleicht ist es morgen zu spät ... Freitag, 20. März 2020Das Wetter hat sich deutlich gebessert. Die Luft ist wieder klar und der Himmel zeigt bereits größere, blaue Flecken. Sofort mache ich mich reisefertig, starte den Wanderer und will nur noch den Frischwassertank mit dem reinen und sauberen Gebirgswasser bis zum Rand füllen. Das Wasser läuft bereits, aber weit über 300 l brauchen schon eine Zeit, in der ich mich noch einmal kurz in das WLAN des Campingplatzes einlogge und da kommt es: Eine aktuelle eMail der Deutschen Botschaft in Rabat, im Kopf der Zusatz "EILT SEHR - DRINGEND" und dann die Info:
Schock, natürlich! Im Kopf dreht sich alles - was jetzt? Die Gedanken rasen natürlich nur so durch den Kopf ... welche Optionen habe ich jetzt?
Kurze Verhandlung mit dem patron de la maison, dann stand ich wieder auf meinem "alten" Platz und konnte die Maschine, die ich 2 Stunden vorher aufgesattelt hatte, wieder vom Heckträger herunter holen und damit dann nach Tinghir fahren. Dabei zeigte sich schon, daß irgendetwas anders war: Zum einen weniger Verkehr und weniger Menschen auf den Straßen und dann, während meiner Einkäufe gleich zweimal eine solche Begegnung: Jemand kam mir entgegen, erkannte mich als Europäer und sofort wurde ein Tuch vor das Gesicht gerrissen ... auch eine Bankangestellte mit der ich sprechen mußte, trug Gummihandschuhe und war sichtbar bemüht einen möglichst großen Abstand zu mir einzuhalten ... Zurück auf dem Platz der nächste Schock: Der Platz war leergefegt! Alle Wohnmobile, bis auf 3 andere deutsche Fahrzeuge, waren weg! Darunter auch mein holländischer Nachbar, der noch gestern Abend in beneidenswerter Ruhe und Gleichmut erzählte, daß er und seine Frau auf alle Fälle bleiben würden. Hier sei es doch viel schöner als zu Hause ... Hatte er andere Informationen von seiner Botschaft? Und auch alle Franzosen ... alle sind abgefahren! .. nur die (doofen) Deutschen sind noch hier! Eigenartig ... Zufall? |
Sie sind hier: Global-Wanderer > Reisen > Marokko > Todra Schlucht Todra SchluchtNach den Einkäufen in Tinghir bin ich dann noch in die Todra Schlucht gefahren und konnte die vielleicht vorerst letzten Fotos "in Freiheit" schießen ... Eine imposante Schlucht zwischen den senkrecht aufragenden, roten Felswänden. Immer wieder stehen in kleinen Ausbuchtungen der Felsen abgesperrte Metallkisten und einige Ständer und Stangen - die einzigen Zeugen des sonst hier sichtbaren Treibens. Hier stehen normalerweise Händler und versuchen ihre Souveniers, Andenken, Mineralien u.v.m. an die Heerscharen von Touristen zu verkaufen - jetzt ist alles verlassen, abgeschlossen, leer ... kein einziger Händler, kein einziger Tourist ... Auf den wenigen Kilometern der Rückfahrt zum Campingplatz war es nicht mehr zu übersehen: Die Straße war völlig leergefegt, alle Türen, alle Eingänge, alle Auberges (Unterkünfte), alle Restaurants und auch die 2 oder 3 anderen Campingplätze entlang des Weges waren mit schweren Eisentoren verschlossen, abgesperrt, verriegelt ...
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