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bis zum Ende der Welt - Fin del Mundo

Karte Tolhuin - Estancia Moat

Am letzten Tag des Jahres 2023 bin ich da - am Ende der Welt, Fin del Mundo, an der Estancia Moat auf der Tierra del Fuego, dem südlichsten, über Pisten zu erreichenden Ort auf dieser Welt. 38 Tage und 4.880 Kilometer, seit ich das Paraiso Suizo in Uruguay verlassen habe...

Der südlichste Punkt auf der gesamten Erde, den man über Land erreichen kann - Estancia Moat, eine Farm an der südlichen Spitze der Tierra del Fuego, Feuerland. Von hier aus sind es bis zur Antarktis weniger als 900 Kilometer, also gerade `mal die Straßenentfernung von Kiel nach München. Kein Land auf der Erde (Feuerland ist zwar eine Insel, ist aber nur durch die schmale Magellanstraße vom Festland getrennt und zählt geologisch zum südamerikanischen Kontinent) kommt dem antarktischen Kontinent so nahe - nicht Südafrika mit seinem Kap der Guten Hoffnung und dem Cape Agulhas, dem südlichsten Punkt Afrikas und auch nicht Australien oder der Southern Most Point Neuseelands!

(siehe auch die Antarktis-Karte auf der letzten Seite)

Nachdem ich Tolhuin verlassen habe, schlängelt sich die RN3 auf einer wunderschönen Strecke entlang des südlichen Seeufers des Khami. Auf meiner anderen Seite die mit großen Schnee- und Gletscherfeldern bedeckte Kette der Anden. Unterwegs auch ein besonderer Moment: Ich passiere an der RN3 die Kilometermarke 3.000! 3.000 Kilometer auf einer einzigen Straße... in einem einzigen Land... Wahnsinn!
Mit eindrucksvoller Sicht auf den tiefblauen Lago Escondido überquere ich mit dem nur 450 Meter hohen, aber trotzdem "knackigen" Paso Garibaldi die Cordillera. Auf der Südseite verlasse ich dann die RN3 und fahre durch -jetzt wieder auf einer Piste- das dicht bewaldete Tal des Rio Lasifahaj. Nach weiteren 30 km erreiche ich in einer traumhaft schönen Landschaft den Beagle Kanal zwischen Argentinien und Chile.

Auch an dieser Stelle muß ich es unbedingt noch einmal loswerden: Für die gesamte heute geplante Strecke hat das Navi (siehe auch Karte oben) eine Fahrzeit von 2:18 Sunden ausgewiesen... Stumpfsinnig kalkuliert für eine asphaltierte Straße und damit Welten entfernt von der Beschaffenheit einer unbefestigten Piste! Die Realität sieht also völlig anders aus! Fast 7 Stunden habe ich benötigt! Natürlich mit kleinen Pausen und Fotostopps, aber... ich muß ständig die Piste nach extremen Bodenwellen, Steinen, Schlaglöchern, Auswaschungen, Kurven, Anstiegen und Gefällen beobachten - dabei häufiges Schalten! Gleichzeitig der Blick nach oben um Ästen und Zweigen ausweichen zu können... dann ständig in beide Außenspiegel! Es kommt zwar nur alle halbe Stunde vor, aber wenn in dem Moment, wo ich wieder einmal einen heftigen Schlenker mache, gerade ein PKW überholt, würd`s übel ausgehen! Dann sind da die Heckkamera um den Heckträger zu überwachen... dann die Steyr-Instrumente mit Luftdrücken, Motortemperatur und Öldruck... und ganz nebenbei will ich auch noch die Welt um mich herum wahrnehmen! So werden aus zwei dann geschlagene sieben Stunden! Ich muß kaum sagen, daß ich nach so einer Fahrt mit den Kräften und der Konzentration am Ende bin! Kein Wunder, daß ich nur wenige Kilometer vor dem geplanten Ziel, der Estancia Moat, eine gute Gelegenheit für einen Stellplatz nutze und für heute "Schicht befehle".

RN3
Brücke am Khami
abenteuerliche Brücke am Khami

Andenkette
hier beginnen sich die Anden aus dem Meer und dem Land zu erheben und
zum längsten Gebirge dieser Welt zu werden


3.000.km auf der RN3
3.000.km auf der RN3
Lago Escondido
Blick auf den Lago Escondido

am Lago Escondido
am Lago Escondido


Tal des Rio Lasifahaj
Beginn der Piste durch das Tal des Rio Lasifahaj

 

Tal des Rio Lasifahaj
im Tal des Rio Lasifahaj

der Wanderer im Tal des Rio Lasifahaj
der Wanderer im Tal des Rio Lasifahaj


im Tal des Rio Lasifahaj
Küste am Beagle Kanal
ich erreiche die Küste am Beagle Kanal

Puerto Williams
auf der anderen Seite Chile und die Stadt Puerto Williams


Piste zur Estancia Moat
auf der Piste zur Estancia Moat

 

Stellplatz      Stellplatz nahe vom Rio Moat
am späten Nachmittag erreiche ich meinen Stellplatz nahe vom Rio Moat

 

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Estancia Moat

Nach einer richtig guten, absolut ruhigen Nacht, stehe ich ein paar Meter neben dem Wanderer und schaue auf diese Welt um mich herum. Es ist der letzte Tag dieses Jahres 2023 und ich bin an einem der außergewöhnlichsten Orte auf diesem Planeten. Bis Kap Hoorn auf der Isla de Hornos, sind es nur etwas über 100 Kilometer. Vor mir, im Südosten, sehe ich die Sonne, jetzt am frühen Morgen, hinter Wolkenschlieren über dem Beagle Kanal, am Fin del Mundo, dem Ende der Welt, the End of the World. Auf der gegenüber liegenden Seite des Meeresarms leuchten die schneebedeckten Kämme der allerletzten Ausläufer der Kette der Anden auf der Isla Navarino, grellweiß auf. Mein Verstand nimmt das alles wahr, sagt mir das alles, nimmt es einfach so hin, kennt und akzeptiert die Fakten - etwas anderes, mein Herz, mein Bauch... was auch immer, ist andächtig, ehrfürchtig, voller Staunen und kann es irgendwie überhaupt nicht begreifen. Ich habe es sicher schon einmal gesagt, aber mir fehlen die Worte um diese Momente wirklich treffend beschreiben zu können! Ich müßte ein Poet sein um auch nur ansatzweise die richtigen Worte für diese Momente zu finden. Ich muß an den Satz denken, den ich auch auf der Eröffnungsseite meines Internetportals geschrieben habe:

Leben ist nicht die Zeit in der du ein- und ausatmest - Leben sind die Augenblicke, die dir den Atem rauben

Das ist einer dieser Augenblicke!
Ich sitze am Laptop und versuche, wenigstens diese Worte zu finden um zu beschreiben, wo -im wahrsten Sinne des Wortes- ich gerade bin. In meinem ganzen Leben hatte ich am Schreibtisch immer Musik im Hintergrund laufen. Diesmal sind es nur wenige Momente bis ich den Player wieder ausschalte. Es paßt einfach nicht zu diesen Augenblicken. Es stört die Besonderheit, die Ehrfurcht, die Erhabenheit die ich empfinde.

Schon früh starte ich den Wanderer um die wenigen verbliebenen Kilometer bis zur Estancia Moat zu fahren. Ich muß noch den Rio Moat auf einer dieser abenteuerlichen Brücken überqueren, passiere das Tor der Estancia und dann bin ich da! ..an der Prefectura Naval Argentina, einer Marinestation, von der aus der Schiffsverkehr im Beagle Kanal beobachtet und registriert wird - und es ist das Ende aller Straßen! Das Ende aller Pisten! Das Ende der Welt - Fin el Mundo! Nirgendwo auf der Welt komme ich mit einem Fahrzeug weiter nach Süden, an den Rand der Antarktis, als an diesem Ort! 4.880 Kilometer und 38 Tage vom Paraiso Suizo entfernt.

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Sonnenaufgang über dem Beagle Kanal
Sonnenaufgang über dem Beagle Kanal

 

meinem letzten Stellplatz
von meinem letzten Stellplatz sind es nur noch wenige Kilometer
bis zum Ziel

Prefectura Naval Argentina
Prefectura Naval Argentina
das Ende aller Straßen! Das Ende aller Pisten!
Das Ende der Welt - Fin el Mundo


Küste am Beagle Kanal
Blick von der Prefectura auf die Küste, die ich gestern
gefahren bin

 

Karte Tierra del Fuego
Karte Tierra del Fuego
Cabo Moat - Fin del Mundo

 

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Screenshot von meinem Navi - Wanderung zum "Ende der Welt"
Beim "R" von Rio Moat ist der Stellplatz den ich später beziehe. Der Stern darunter "The End of the World" ist die Prefectura Naval Argentina und
der Stern ganz unten "Getting to ... hike" ist das Cabo Moat - Fin del Mundo

 

Eine einzige Sache fehlt jetzt noch: Der Leuchtturm vom Cabo Moat. Bei der Prefectura erkundige ich mich nach dem Weg und erfahre, daß es ihn nicht gibt - auch wenn Tante Google da anderer Meinung ist und noch einen dünnen Strich bis zum Faro, dem Leuchtturm, zieht. An der Prefectura vorbei gehe ich durch eine dichte Strauch-, Wald- und Sumpflandschaft mit tiefschwarzer und manchmal brauner Torf-Erde, oft vorbei an tiefen Sumpflöchern mit von den Huminstoffen des Bodens fast schwarzem Wasser. Dann wieder am Strand entlang mit kopf- und kürbisgroßen Steinen und grauweißem Treibholz, welches hier über Jahrzehnte und vielleicht sogar Jahrhunderte angeschwemmt wurde.

Dann habe ich es geschafft: Ich stehe am verwitterten Gerüst des Leuchtfeuers von Cabo Moat. Für mich und jeden Menschen, der nicht auf einer der weiteren Inseln Feuerlands lebt, ist hiermit das äußerste Ende der Welt erreicht. Die Landschaft ist unberührt, wild, schön und absolut einsam. Kein spektakulärer Mahlstrom im Beagle Kanal, durch den das Meer verschwindet... keine Kante, an der die Welt sichtbar endet... Bis auf die Wellen liegt die Landschaft absolut bewegungslos vor mir. Ich habe das Gefühl, daß es hier schon seit Anbeginn der Zeiten so war und noch am Ende der Zeit so sein wird. Nur mein Verstand meldet sich wieder dazwischen und merkt an, daß der Herzschlag der Erde nur einfach viel zu langsam für mich kleines Wesen ist, als das ich ihn wahrnehmen könnte.
Es ist außergewöhnlich. Lange bleibe ich noch hier sitzen und versuche für mich zu fassen und zu begreifen, wie unglaublich lang -wahrlich nicht nur in Kilometern- der Weg für mich bis zu diesem Ort und diesem Moment tatsächlich war...

Wieder auf dem Rückweg nehme ich plötzlich eine Bewegung an der Steilküste neben mir wahr: Ein riesenhafter Albatros segelt auf Augenhöhe nahezu bewegungunslos in weniger als 10 Metern Entfernung gegen den Wind langsam an mir vorbei. Instinktiv will ich zum Kamerarucksack greifen, aber, bis ich den Rucksack unten, die Kamera herausgenommen, eingeschaltet, das Objektiv justiert habe, würde er nur noch ein kleiner Fleck auf dem Bild sein. So schaue ich ihm nach, wie er langsam an der Küstenlinie entlang verschwindet und bin einfach nur überwältigt! So einen schier gigantischen Vogel habe ich noch niemals gesehen! Wieder einmal ist es atemberaubend ...

Kompaß Koordinaten
Screenshot vom Handy am Cabo Moat

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durch dichte Wälder
"den" Weg gibt es nicht - durch dichte Wälder...
 
Küste mit Treibholz
..entlang der Küste mit Treibholz...
 
 
weicher Sumpf über Torf
..oder durch weichen Sumpf über Torf
Faro am Cabo Moat
das Ende der Welt - Cabo Moat
 
Faro am Cabo Moat
Faro am Cabo Moat

 
 Erinnerungsfoto am Ende der Welt
Erinnerungsfoto am Ende der Welt
 

frei lebende Pferde
eine weitere Überraschung
plötzlich steht eine Herde frei lebender Pferde vor mir

 

Wie geht`s weiter? Nach der Wanderung zum "Ende der Welt" beziehe ich mit dem Wanderer nur zwei Kilometer von der Prefectura Naval Argentina entfernt einen wunderschönen Stellplatz direkt an der Mündung des Rio Moat um dort
das neue Jahr 2024 zu beginnen.
Mehr zu einer außergewöhnlichen Begegnung hier auf der nächsten Seite

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