pix

Sie sind hier: Global-Wanderer > Reisen > Südamerika > Inhaltsverzeichnis > Patagonien > Fahrt in Richtung Süden
Lupealle Bilder können -wie gehabt- mit einem Mausklick vergrößert und wieder geschlossen werden

Fahrt nach Camarones

Karte Patagonien

Nach dem Besuch der weltweit größten Kolonie von Magellan Pinguinen bei Punta Tombo, hat es den Wanderer erwischt - der Kupplungsgeber ist verreckt. Schalten ist nur noch mit einem Gurt am Kupplungspedal möglich, mit dem ich das Pedal nach jeder Betätigung mit der Hand wieder zurückziehen muß. Zum Glück baut der Geber noch so viel Druck auf, daß die Kupplung beim Schalten weitgehend trennt. So konnte ich die 78 Kilometer bis Cabo Raso mit etwas Mühe und verdammt viel Sorgen im Gepäck zurücklegen. Nur, Cabo Raso selbst besteht aus "etwas", das wie ein Campingplatz direkt am Strand aussieht, aber genauso leer und verlassen ist, wie die Reste von fünf Häusern im Umfeld.
Da ich die erforderliche Reparatur der Kupplung nicht selbst und nicht allein durchführen kann, muß ich also bis zum nächsten, wirklichen Ort, Camarones, weiterfahren. Das sind noch einmal 84 Pistenkilometer mit der defekten Kupplung und ... unter erschwerten Bedingungen!

Am Abend zuvor sind beim Nachtlager bei Cabo Raso schwere Wolken aufgezogen und in der Nacht hat es über Stunden immer wieder stark geregnet. Beim Sonnenaufgang über dem Meer sind noch die Reste des Unwetters zu sehen, die jetzt immer weiter auf das Meer ziehen.
Die Piste nach Camarones, eigentlich nicht wirklich schlecht, hat allerdings schwer gelitten! Die Pistenoberfläche sieht vom Fahrersitz des Wanderer eigentlich völlig normal aus. Nur selten sind noch in einigen Mulden größere Wasserpfützen zu sehen. Unter der hauchdünnen Oberfläche aber sieht es anders aus! Der Untergrund hat sich in einen breiigen, klebrigen und extrem rutschigen Lehm verwandelt. Der Steyr zieht und schiebt immer wieder `mal zu den abfallenden Rändern der Piste und die Fahrspuren der zwei oder drei Fahrzeuge, die heute schon hier unterwegs waren, laufen in schlimmen und tiefen Schlangenlinien. Damit ist nicht nur der Kampf mit der Kupplung, sondern auch mit der Piste angesagt! In den Radkästen sind ständig die dröhnenden Einschläge von "Lehmbomben" zu hören, die die schweren Stollenreifen ununterbrochen aufnehmen. Dann kommt die erste Überspülung der Piste! Undurchsichtige, braune Fluten schießen durch eine Senke... Die Spuren zeigen aber eindeutig, daß es die anderen Fahrzeuge geschafft haben, also wird der Steyr erst recht ebenfalls durchkommen - also Zähne zusammenbeißen und im 2. Gang durch ... und das bald darauf erneut...

 

Sonnenaufgang mit dem Rest des Unwetters bei Cabo Raso
Sonnenaufgang bei Cabo Raso

Über den control-button control button (rechts unten) kann das Video auf Vollformat vergrößert werden

 

Kurz bevor ich Camarones ohne weitere Blessuren erreiche, checke ich erneut den Wanderer und bestaune die ganze Pracht, die ich unterwegs aufgesammelt habe. Es sind bestimmt noch einmal 100 Kilogramm zusätzliches Gewicht von diesem, mit Kies durchsetzten Lehm hinzu gekommen, der sich später, im warmen Sonnenschein, in kurzer Zeit in festen "Beton" verwandeln wird!

 

Lehmbelag am gesamten Unterbau
Lehmbelag am gesamten Unterbau
.. an den Tanks...
.. an den Tanks...
am Nummernschild
selbst mein Nummernschild sieht aus, als hätte ein Hornissenschwarm hier sein Nest gebaut
..bis auf den Gepäckträger...
bis auf den Gepäckträger liegt der Lehmbelag
eingesaute Staukästen
eingesaute Staukästen
auch der Unterbau ist mit Lehm torkretiert
auch der Unterbau ist mit Lehm torkretiert
pix

Sie sind hier: Global-Wanderer > Reisen > Südamerika > Inhaltsverzeichnis > Patagonien > Fahrt in Richtung Süden > Kupplungsreparatur

Kupplungsreparatur

Caesar"Mi embrague está roto. ¡Necesito un mecánico de camiones! - Meine Kupplung ist kaputt. Ich brauche einen Mechaniker für LKW`s."
Wenn ich das an einem Sonntag Mittag auf einem deutschen Campingplatz sagen würde, dann müßte ich am nächsten Morgen wieder kommen und dann könnte man weiter schauen... Nicht so in Südamerika! Schon nach zwei Minuten hat José, der Besitzer des Platzes, die richtige Nummer gefunden, telefoniert, bis er mir nach 3 weiteren Minuten in englisch sagt, daß ein Mechaniker "gleich" kommen würde.
Na ja, "gleich" sind in Südamerika schon zwei Stunden, immerhin ist gerade Mittagszeit und danach folgt noch `ne kleine Siesta. Dann aber kommt Caesar (Bild) tatsächlich, schaut sich alles an und bestätigt meine Vermutung, daß der Kupplungsgeber getauscht werden müßte. Als ich ihm sage, daß ich den Geber und den Nehmer als Ersatzteil dabei habe (!), meint er nur, daß er dann gleich anfangen könnte - wenn ich will... Natürlich wollte ich! Es folgten an diesem Sonntag Nachmittag noch 4 Stunden Arbeit, dann war der neue Geber eingebaut.
Am nächsten Morgen kam Caesar pünktlich wieder und es folgte der Austausch des Kupplungsnehmers (sicherheitshalber werden immer beide Teile getauscht) unter dem Wanderer - am Getriebe. Mit Wechsel der Hydraulikflüssigkeit, umfangreichem Entlüften des gesamten Systems und gemeinsamer Probefahrt kamen wieder 4 Stunden dazu. Das allertollste aber: Caesar hat hier, vor Ort an seinem Werkstattwagen, beide Teile auseinandergebaut und konnte mir die verschlissenen Gummidichtungen, eine eingerissene Hydraulikleitung sowie deutliche Korrosion am Geberzylinder zeigen... und, jetzt küt`s: Morgen fährt er nach Puerto Madryn, besorgt neue Gummidichtungen -seinem fachgerechten Urteil nach, sind meine Teile identisch in Mercedes LKW`s verbaut- und repariert dann die beiden Teile! So könne ich sie wieder mitnehmen und hätte für den Notfall Ersatz dabei...
Mittwoch morgen hatte ich die Teile dann tatsächlich wieder in der Hand.

8 h Arbeit vor Ort inkl. Sonntag, noch eine Zeit zum Überholen der beiden Zylinder in der Werkstatt sowie 700 km hin und zurück nach Puerto Madryn - und das für 300.000 argentinische Pesos - das sind 300 US $ oder auch das gleiche in €`s...

 

Kupplungspedal
mein Kupplungspedal mit "Hand-Gurt-Zug"
der Pfeil zeigt den defekten Kupplungsgeber
Innenleben Kupplungsgeber
das Innenleben des Kupplungsgebers
die Pfeile zeigen Korrosionsschäden
sowie gerissene Dichtungen

 

Noch ein kleines Wort zu "Schäden und Reparaturen": Bei den Extremen während so einer Fahrt in Südamerika, zig- und hunderte von Kilometern über staubige und übelste Wellblechpisten, dann extremer Schlamm, Hitze, Kälte und nicht zuletzt das Alter des Wanderer (immerhin ist der Steyr inzwischen über 36 Jahre alt) - ohne Probleme geht`s eigentlich nicht.

Spreche ich mit anderen Overlandern, die inzwischen ebenfalls Monate oder Jahre unterwegs sind, erfahre ich im Gespräch, daß sich jeder schon eine blutige Nase geholt hat... Lese ich in den einschlägigen WhatsApp-Gruppen zu Südamerika, dann ist jede 5. Frage die nach einer Werkstatt... Schaue ich mir die iOverlander Markierungen (siehe hierzu auch Navigation) an, bezieht sich ein beträchtlicher Teil auf Werkstätten...

Das alles ist zwar alles andere als toll, gehört zu dieser Art von "Abenteuer" aber untrennbar dazu. Daher der Wunsch: Buen ruta - gute Fahrt

..wenigstens drei Bilder von Camarones, einem recht überschaubaren Ort, an dem ich meinen rettenden Engel, Caesar, gefunden habe.

Bäume haben in diesen Breitengraden in Argentinien schon extremen Seltenheitswert - auf dem freien Land gibt es sie schon lange nicht mehr und die wenigen, die hier angepflanzt wurden, haben, wie man deutlich sieht, bereits alle beträchtliche Haltungsschäden! Der berüchtigte patagonische Wind ist hier allgegenwärtig und zeigt diese deutlichen Spuren - es sind inzwischen weniger als 1.000 Kilometer bis zum Ende der Welt in der Tierra del Fuego.

 

der Wanderer auf dem Campingplatz
der Wanderer auf dem Camping Municipal
Camarones der Ozean direkt vor dem Eingang
der Ozean direkt vor dem Eingang zum Camping Municipal
pix pix