|
Sie sind hier: Global-Wanderer > Reisen > Südamerika > Inhaltsverzeichnis
> Rückfahrt `24-1 > Rückfahrt `24-2 > Lago Caviahue Lago CaviahueAuf der Fahrt zum Lago Caviahue passiere ich zum ersten Mal nach dem Grenzübergang nach Argentinien eine kleine Ortschaft und halte sofort an der Panaderia, der Bäckerei. Während mir das Wasser schon im Mund zusammenläuft, kaufe ich 8 Brötchen-ähnliche Brote und eine riesige Tüte mit eineinhalb Kilogramm Palmeritas, dem südamerikanischen Äquivalent von Schweineöhrchen in Deutschland - und das alles für gerade einmal 4.000 Pesos, also ungefähr 4 €. Brot und Gebäck sind in Argentinien einfach unübertroffen - um Klassen besser als in Uruguay und erst recht als in Chile, wo Brötchen wie ausgestanzte Pappuntersetzer aussehen, sich so anfühlen und auch so schmecken... äh, zur Ehrenrettung von Chile: Es gibt tatsächlich auch Bäckereien zwischen Puerto Montt und Osorno, also in einem Gebiet, wo sich vor 150 Jahren viele Deutsche angesiedelt haben, wo es qualitativ höchstwertige Brotsorten gibt - nur um diese Bäckereien zu finden, muß man schon hier leben... oder jemanden kennen, der hier lebt... Kurz vor dem See rücken die steilen Felswände immer enger zusammen und die Straße steigt in langgezogenen Serpentinen immer höher hinauf um dann urplötzlich den Blick auf den türkisfarbenen See am Fuß des aktiven Vulkans Copahue und die kleine "Communidad Mapuche", eine indigene Gemeinde der Mapuche mit dem gleichen Namen wie der See, Caviahue, frei zu geben. Die indigene Vergangenheit und Gegenwart prägt viele der Namen hier in Südamerika, die so auffallend deutlich wenig mit der spanischen Sprache zu tun haben. Direkt am See finde ich einen Stellplatz auf 1.645 Meter Höhe mit beeindruckender Aussicht auf den See, den Ort und den dahinter liegenden Vulkan. Ich habe noch Zeit für ein ausgedehntes Frühstück mit den frischen "Brötchen" und einen ersten (Foto-) Rundgang, als mich hier die Wettervorhersage der letzten Tage einholt! Über den Vulkan, der zum größten Teil auf der chilenischen Seite der Grenze liegt, wälzen sich jetzt die angekündigten, dunklen Wolkenmassen vom Pazifik. Wahrscheinlich haben sie auf der anderen Seite schon den größten Teil ihres Gewichts mit riesigen Regenmassen abgelassen, was aber bleibt, ist der dunkelgrau zugezogene Himmel, ein immer stärker werdender Sturm, deutlich fallende Temperaturen und vereinzelte Niederschläge. Irgendwann bleibt mir nur noch der Rückzug in den Wanderer... dafür kann ich zumindest das Reisetagebuch der letzten Tage schreiben...
Auch nach so langer Zeit in Südamerika fasziniert mich die unglaubliche Weite und Freiheit dieses Kontinents wie am ersten Tag! Immer wieder finde ich Stellplätze an Orten, die in der Enge Deutschlands und Europas einfach unvorstellbar sind. Dennoch verlasse ich den Lago Caviahue bereits am nächsten Morgen wieder... es ist das Wetter... genauer gesagt, der fauchende, böige Sturmwind. So schön mein Platz auch ist, so exponiert ist er auch im Wind und so ist ihm der Wanderer völlig ungeschützt ausgeliefert. Als Schwergewicht ist er zwar weit davon entfernt umgehauen so werden, andererseits bietet er den Kräften mit seiner Höhe von fast vier Metern aber auch genügend Angriffsfläche, um ihn immer wieder leicht zu schütteln und das ist auf Dauer gar nicht so spaßig! Sitze ich nämlich an meinem "Schreibtisch", sehen und melden die Augen eindeutig "Alles ruhig! Nichts tut sich!" während das Innenohr trotzig darauf beharrt "..kann nicht stimmen, da bewegt sich doch was!" ..und damit soll jetzt das Unterbewußtsein klarkommen. Es versteht sich zwar fantastisch auf Gefühle & Emotionen und auf tausende von tollen "Autopilotfunktionen", aber wenn der eine Sensor meldet, daß alles im grünen Bereich ist, der andere aber völlig widersprüchliches zu meckern hat, dann, ja dann kriegt`s das Unterbewußtsein nicht mehr in die Reihe und steht wie`n Flipper auf TILT. Das bekommt natürlich irgendwann auch die nächste Instanz, das Bewußtsein, allgemein bekannt als "Ich" mit, checkt kurz die Lage und gibt dann `ne tolle Erklärung ab, was da gerade nicht stimmt. Ich will jetzt nicht sagen, daß das Unterbewußtsein blöd ist, ganz im Gegenteil, aber bei solchen akademischen Erklärungen kommt eigentlich nur noch "hä?".
Bei der Weiterfahrt entsteht auch noch dieses Bild. Links im Hintergrund der kleine Ort Caviahue und dahinter der Vulkan Copahue. Die weißen Wolken auf seiner Spitze gehören tatsächlich nicht zum miesen Wetter, welches aus Westen, vom Pazifik, über die Anden kriecht, sondern sind der rauchende Atem des aktiven Vulkans! ..und was das dunkle Rot an den Berghängen angeht: Nein, es ist nicht getürkt! Es sind die Farben des Spätherbstes in dieser Welt, die täglich mit der Rückkehr des Winters rechnet...
|
Sie sind hier: Global-Wanderer > Reisen > Südamerika > Inhaltsverzeichnis
> Rückfahrt `24-1 > Rückfahrt `24-2 > Salto del Agrio Salto del AgrioSalto del Agrio, oder für uns nicht-spanisch-sprechende, der Wasserfall des Flusses Agrio. Nach nur etwas mehr als 20 Pistenkilometern, vorbei an Kuh-, Ziegen- und Schafherden, Treibern mit Hunden und Gauchos auf ihren Pferden, bin ich in einer völlig anderen Welt! Der Himmel ist bereits deutlich freundlicher geworden und der Wind hat sich anscheinend eine leichtere Passage gesucht um Mensch & Natur zu ärgern. Die letzten eineinhalb Kilometer von der Piste bis zum Wasserfall muß ich oft im 1. Gang fahren! Tiefe Mulden lassen den 4-m-hohen Wanderer von einer Seite zur anderen schaukeln. Das Fahrwerk vom Steyr kommt mit diesen Bedingungen zwar spielend zurecht, daß Problem ist aber, daß der Aufbau den Bewegungen des Fahrwerks folgt! Nimmt man `mal eine 4 Meter lange Stange in die Hand und bewegt das Handgelenk hin und her, dann kann man sehen, daß aus der kleinen Bewegung des Handgelenkes am Ende der Stange eine aberwitzige Geschwindigkeit geworden ist... das Prinzip einer Peitsche! Für den Innenausbau des Wanderer bedeutet das, daß Socken, Sweatshirts aber auch Marmeladengläser, Besteck und Teller mit gnadenloser Wucht von einer Seite auf die andere gepfeffert werden! Ein wenig Zurückhaltung ist da verdammt angebracht! Es wäre nicht das erste Mal, daß mir -trotz guter Verschlüsse- ein Staukasten oder eine Schublade aufgesprungen ist und der Inhalt mit lautem Krachen und Scheppern in meiner Einraumwohnung verteilt wurde... Mein Navi hatte diesen Ort mit einer kleinen Markierung aus iOverlander versehen, den irgend jemand `mal besucht und mit dem Eintrag "..it`s worth..", also "..`s ist`s wert..." versehen hat. Mein Bauchgefühl (also mein Unterbewußtsein... ) hat aus unerfindlichen Motiven auf diese kleine Notiz gehört und entschieden, den etwas beschwerlichen Weg auf sich, äh, uns, zu nehmen... und der Tipp ist es tatsächlich wert! Mich erwartet zwischen den längst nicht mehr himmelhohen Bergen dennoch ein beeindruckender Wasserfall in einen tiefen Kessel und Farben, die wieder einmal so unwirklich sind, daß ich aus dem Staunen kaum noch herauskomme!
Der Wasserfall stürzt aus etwa 50 Metern Höhe über basaltische Lavawände in die Tiefe und hat im Laufe der Jahrmillionen unter sich eine türkisfarbene Lagune geschaffen. Die dunkelgrauen bis schwarzen Basalte sind durch den ständigen Sprühnebel des stürzendes Wassers teilweise dicht mit leuchtend grünem Moos bewachsen. Das Spektakel aus Farben ist damit noch nicht genug. Stark eisenhaltige Gesteine sind an ihrer Oberfläche regelrecht verrostet und zeigen die dunkel, rostrote Färbung. Durch das saure, vulkanische Wasser wird jedoch ständig Eisen im Wasser gelöst und als leuchtend gelbe bis rote Eisenoxidschicht sofort wieder auf den Gesteinen abgeschieden.
|
|