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Karukinka und Cordilliera de Darwin

Route Karukinka

 
Die obige Karte zeigt den geplanten Verlauf meiner Route - beim "drauf-klicken" wird die
Karte -wie üblich- auch deutlich größer. Die Feinheiten, vor allem bei den Paßstraßen vor der
Darwin-Kette (Ende der Route beim roten Punkt), zeigt aber erst die folgende online-Karte mit beliebiger Zoom-Stufe:
https://maps.app.goo.gl/NFr5XGjwywpzfzvX8
Noch `n erforderlicher Kommentar zur Karte oben: Die Straßen- und Routenführung ist absolut zutreffend - die Beschriftung aber versteht wahrscheinlich nur Tante Google selbst! Es geht los in der "Mitte, ganz unten", am Beagle Kanal, dort steht Tolhuin, es müßte aber Ushuaia sein! Erst ein Stück weiter nach Nordosten, also nach "rechts oberhalb" kommt der Lago Fagnano und dort steht wieder Tolhuin... diesmal zu recht. Dann ganz im Norden, also "oben", dort steht beim Grenzübergang Porvenir anstelle von San Sebastian! Das richtige Porvenir liegt dagegen auf der gedachten, weiteren Route vom Grenzübergang bis dort, wo Feuerland im Westen (oben links) wieder an der Magellanstraße endet...

Nachdem ich mit dem Wanderer in den letzten Wochen die südlichsten, über Pisten zu erreichenden Orte auf unserem Planeten angefahren habe, fahre ich jetzt auf Feuerland, der Tierra del Fuego, auf der chilenischen Seite der Insel ins Unbekannte - Tierra Incógnita .. oder auf "gut Deutsch" terra incognita, also unbekanntes, unerforschtes Land... so oder so ähnlich sind die spärlichen Informationen, die ich über mein nächstes Ziel habe! Es ist die Cordillera de Darwin und das Naturschutzgebiet Karukinka.

Nur sehr wenige Overlander fahren in diesen abgelegenen Teil Chiles. Der überwiegende Teil steuert, vom Grenzübergang bei San Sebastian kommend, über die gut ausgebauten Straßen, eine der beiden Schiffsverbindungen über die Magellan-Straße an - entweder nach Westen, nach Porvenir und von dort mit der Fähre nach Punta Arenas, oder aber nach Norden über Cerro Sombrero (siehe auch: Dez23-Tierra_del_Fuego-1) und dann über die Magellan-Straße zum Festland.
Daher sind auch fast keine Informationen verfügbar. Es ist nicht so, daß ich wie bei Star Trek eine Welt betrete, die nie zuvor ein Mensch gesehen hat. Natürlich gibt es hier Menschen, abgelegene Estancias, kleine und kleinste Ansiedlungen, nur eben nirgendwo ein Netz, nirgendwo eine Tankstelle, nirgendwo eine Einkaufsmöglichkeit... nur abgelegene Pisten am Rand und durch die Darwinkette, der höchsten, stark vergletscherten und gleichzeitig letzten Andenerhebung vor dem schon bekannten "Ende der Welt".

Es soll eine der extremsten Landschaften Chiles sein, wo mir außer Guanakos, frei laufenden Wildpferden und Kondoren, die über der Cordillera de Darwin patroullieren, wahrscheinlich nur selten andere Menschen begegnen werden...

..auf dem Weg nach Chile...

 

Udo am Khami
Peter & Susanne aus der Schweiz habe ich
am Lago Khami kennen gelernt, na ja, durch
das schwarze "Etwas" auf der Kiefer vor mir...
einem zum Trocknen aufgehängten BH...
Sonnenuntergang am Lago Khami
Sonnenuntergang am Lago Khami
an der Küste des Südpolarmeeres
der letzte Übernachtungsplatz in Argentinien -
irgendwo an der Küste des Südpolarmeeres
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Rio Grande

Samstag, 20. Januar `24, schon früh am Morgen habe ich bei strahlendem Sonnenschein und einem grauenhaften Wind im Norden Feuerlands, Argentinien wieder verlassen und bin jetzt auf der westlichen, der chilenische Seite. Wenige Kilometer nach der Grenze verlasse ich die ausgebaute Straße und lenke den Wanderer auf eine Piste direkt nach Süden, parallel zur argentinischen Grenze und parallel zu der Strecke, die ich mich gestern noch gegen den fürchterlichen Wind gekämpft habe. Was mich hier erwarten wird, konnte ich trotz etlicher Fragen an Tante Google nicht wirklich in Erfahrung bringen... Selbst die englischsprachige Wikipedia Seite sagt zu Karukinka nicht viel mehr, daß dieses größte Schutzgebiet Feuerland`s 2004 von Goldman Sachs an die Wildlife Conservation Society gespendet wurde und seit dieser Zeit von dieser gemeinnützigen Organisation verwaltet wird.

Die Fahrt geht durch eine einsame, nur mit kleinen Büschen und Gras bewachsenen Hügellandschaft, die trotz ihrer Kahlheit lieblich ist. Nicht ganz unschuldig daran sind die teils winzigen Wasserläufe, die sich in tiefem Blau und unzähligen Windungen durch diese Landschaft mäandrieren. Dazu kommen ebenso viele Guanako Herden und alle halbe Stunde irgendwo abseits der Piste eine Estancia. Je weiter ich nach Süden und damit an den Rand der Anden komme, irgendwann auch wieder die erste Bäume, flechtenbehangene, unwirkliche Lengas, die einzigen Bäume, die soweit im äußersten Süden des Planeten bei den extremen klimatischen Bedingungen überleben können. Nach 8 Stunden Fahrt mit zwei Grenzen, 190 Kilometern, davon 120 über Pisten, erreiche ich mein erstes Etappenziel, Rio Grande am Rio Grande - nicht das argentinische Rio Grande an der Küste, sondern eben das chilenische auf Feuerland, eine winzige, abgelegene Ansammlung gerade einer handvoll Häuser.

Piste nach der Grenze
kurz nach der Grenze zu Chile auf der Piste in
unbekannte Gefilde...
Wanderer am Rio Grande
der Wanderer am "Rio Grande" - unterhalb von "Rio Grande"
die wenigen Häuser auf der Kuppe sind der gesamte Ort...


Wegweiser vor Rio Grande
kurz vor Rio Grande die letzten Entfernungstafeln. Auch wenn sie geografisch vielleicht nicht ganz genau ausgerichtet sind, bis auf Antarctica zeigen ALLE Schilder in die gleiche Richtung! ..nach Norden!
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Lago Blanco

Karte Lago Blanco Sonntag, 21. Jan. `24, nach einer völlig ruhigen und nahezu windstillen Nacht, liegt heute die nächste Etappe vor mir. Bei leider tief verhangenem Himmel ist das Ziel, der Lago Blanco, nur 35 Kilometer entfernt. Allerdings prognostiziert selbst das Navi, welches seine Vorhersagen fast ausschließlich auf Basis "normaler" Straßenkilometer berechnet und damit immer viel zu kurz für den Wanderer kalkuliert, für diese Strecke eine Dauer von 2h16'! ..und das will was heißen!

Über die weitgehend gut ausgebaute Piste erreiche ich das, was schon der Name verspricht, die kleine Ansiedlung Pampa Guanaco - mitten in der "Pampa", also umgeben von -bis auf den durchgehenden Grasbewuchs und wenigen, kleinen Büschen- weitgehend kahlen, eintönigen, flachen Hügel. Dann aber traue ich meinen Augen nicht, als ich gleich zwei Antennenmasten sehe! Völlig ungläubig schalte ich mein Handy ein - und habe volles Netz! Der blanke Wahnsinn! Hier? Hier!!! ..das erste Gerücht also schon `mal widerlegt!
RegistrierungBei der örtlichen Polizeistation verweist ein großes Schild darauf, sich vor der Weiterfahrt zur eigenen Sicherheit bei den Carabineros anzumelden - was ich als artig sozialisierter Deutscher natürlich auch umgehend erledige.

 

PolizeistationSchon 500 Meter später ändert sich die Landschaft vollkommen. Aus den vorher langgestreckten, kahlen Kuppen werden schlagartig knackig steile und dicht bewachsene Hügel. Als ich dann zum Lago Banco abbiegen muß, schrumpft die neue Piste auf gerade `mal die Breite vom Wanderer! Zweige, Äste, Wurzeln und Steine ragen zudem in jeder Höhe in die "Fahrrinne" und so wird das Fahren zu einem Spießrutenlauf. Als sich dann irgendwann der dichte Urwald plötzlich lichtet und den Blick auf den See frei gibt, sehe ich mein nächstes Naturwunder: Ein tiefblauer See, im inzwischen strahlenden Sonnenschein, mit grellweißen, vom Wind zerrissenen Wellenkämmen, die ein bewegtes Relief auf der Oberfläche bilden - damit auch die Erklärung für den Namen den Sees: blanco - weiß!
Konnte ich eine der spärlichen Informationen, "nirgendwo" gäbe es Netz, in Pampa Guanaco widerlegen, erweist sich die nächste Informationen als absolut zutreffend: Nachdem ich aus dem dichten Wald heraus auf den Lago Blanco zufahre, öffnet sich vor dem See eine riesige, flache und völlig freie Ebene. Im Südosten stoßen die mit dichtem Urwald bewachsenen Berghänge wieder bis an den See und genau dort, ist die Lago Blanco Free Camping Area ausgewiesen!
Lago Blanco Free Camping AreaIrgendwo zwischen den riesigen, verwunschenen und flechtenbehangenen Lengas steht tatsächlich in chilenischer PKW und gleich daneben ein Zelt mit einem jungen Paar. Jetzt kommen noch der Wanderer und ich dazu... drei Menschen, zwei Fahrzeuge und ein Zelt auf einer Fläche, dessen Grenzen nur der See und die umliegenden Berge bilden... und das in der Hochsaison, an einem Ort, so traumhaft schön und unwirklich verzaubert, daß man in Deutschland 50 €/d zahlen und sich den Platz 2 Jahre im Voraus reservieren lassen müßte... um ihn dann mit 500 "Anderen" zu teilen... mit all ihren zivilisatorischen, sanitären, kommunikativen und sonstigen Bedürfnissen...

 

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Stellplatz am Lago Blanco
Stellplatz am Lago Blanco

Blick aus dem Wanderer
ich kann`s einfach nicht lassen
Blick aus dem Wanderer


der windgepeitschte Lago Blanco
der windgepeitschte Lago Blanco

 

einsamer Stellplatz am Lago Blanco     zwischen den Lengas
einsamer Stellplatz zwischen den Lengas am Lago Blanco

 

Lago Blanco Flechten Lago Blanco

 

weißer See
der Weiße See - Lago Blanco

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auf den Spuren der Selk’nam

Karte Caleta Maria WOW, das ist heftig! Gut angezogen ziehe ich mit der Kamera los um diese traumhafte Welt in digitalen Bits ein wenig einfangen zu können... als der Wind auf einmal heftiger wird! Am Anfang ist es zum Wundern und Schmunzeln, dann aber wird er innerhalb von nur einer oder zwei Minuten zu einem richtig heftigem Sturm! ... und eine weitere Minute danach zu einem ausgewachsenen Orkan! Beim strahlend blauem Himmel! Obwohl ich noch zwischen den Bäumen stehe, kann ich kaum einen Schritt machen, ohne das mich der Wind hin und her reißt! Ich versuche es eine Weile, weil es so unglaublich schön ist, muß dann aber flüchten! An weitere Bilder ist nicht zu denken, da ich die Kamera nicht einen Moment zum Auswählen und zum Schuß eines Fotos ruhig halten kann - absoluter Wahnsinn! JETZT weiß ich, warum der Lago Blanco, der Weiße See ist! Der Wind reißt seine tiefblaue Oberfläche regelrecht auf und türmt Wellen im Abstand von nur zwei, drei oder vier Metern Abstand auf, deren Kämme regelrecht zerrissen und zerstäubt werden und dabei in der Sonne grellweiß leuchten.
Ich flüchte zurück zum Wanderer, den ich in weiser Voraussicht längs in den Wind gestellt habe und so kaum eine Angriffsfläche zum Schwanken bietet. Über die Lengas um mich herum muß ich noch mehr staunen! Obwohl es richtige Baumriesen sind, werden ihre Äste und Zweige überraschend wenig hin- und hergerissen - es müssen ihre harten und sehr kleinen Bätter sein, die dem Wind nicht annähernd die Angriffsfläche bieten, wie es europäische Bäume tun würden. Völlig unbeeindruckt trotzen sie den Gewalten und ich sehe tatsächlich nicht ein einziges abgerissenes Blatt, nicht einen einzigen abgerissenen Zweig.

 

Montag, 22. Jan. `24, schon bald nachdem die Sonne genügend hoch an den Himmel gestiegen ist, kommt auch der Wind wieder! Nicht so gewaltig wie gestern, aber so, daß ich aus dem Staunen kaum heraus komme. Gut gewappnet, will ich heute auf Entdeckungstour auf einem winzigen Trampelpfad gehen, den ich gestern noch am Seeufer entdeckt habe. Schon nach wenigen Metern befinde ich mich in einem richtigen Urwald aus dicht mit langen Flechten bewachsenen Lengas, einer unbeschreiblichen Zahl von abgestorbenen, grauweißen Ästen und Bäumen, die in diesem speziellen Klima Feuerlands wahrscheinlich viele Jahrzehnte benötigen, bis sie tatsächlich verwittert sind. Manche dieser verzauberten Gerippe machen den Eindruck, schon seit Jahrhunderten hier zu liegen und immer mehr kommt mir der Gedanke, daß dieser winzige Pfad vielleicht schon vor Jahrhunderten, wenn nicht sogar schon vor Jahrtausenden durch die Selk’nam (siehe Dez23-Tierra_del_Fuego-1) entstanden ist. In wilden Kurven schlängelt er sich über Stock und Stein, über unzählige kleine Wasserläufe, mal im Wald, dann, wenn die Hänge zu steil werden und das Ufer es erlaubt, nur wenige Meter vom Ufer entfernt.

In den über fünf Stunden meiner Wanderung habe ich nicht einen Adler - Condoreinzigen Menschen gesehen - dafür wieder märchenhafte Bilder wie aus Tolkien`s Erzählungen, Guanakos, Pferde und unzählige Adler (oder sind es gar Condore gewesen?), Füchse, riesige Libellen, winzige, daumennagelgroße Schmetterlinge und, und, und...

Nachtrag 06. Feb. 2024: Ich habe einem Parkranger das Foto gezeigt und die Antwort ist eindeutig: Es ist ein Condor!

 

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Lago Blanco Seeufer Lago Blanco

 

Lago Blanco
Lago Blanco Lago Blanco

 

Lago Blanco
Lago Blanco Lago Blanco

 

Lago Blanco
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