Hier, in Los Antiguos habe ich auch drei fiese Regentage ausgesessen, bis am Freitag, dem 29. Nov. `24, die Sonne mit aller Kraft auch die letzte Wolke wieder vertrieben hat. Von hier aus sind`s nur wenige Kilometer bis zur Grenze nach Chile. Nach weniger als zwei Stunden ist dann der ganze Papierkram an den beiden Grenzstationen sowie die übliche Inspektion des Wanderer endlich abgeschlossen und es heißt wieder Bienvenido a Chile - Willkommen in Chile. Wieder wenige Kilometer weiter begrüßt mich die mediterran anmutende Stadt Chile Chico, wo ich mich erst einmal wieder mit allem versorgen kann, was beim Grenzübertritt nicht erlaubt ist... angefangen von Honig über Fleisch bis zu Kartoffeln, Gemüse und Obst.
Einige Kilometer hinter Chile Chico ist es dann wieder soweit: Fin Pavimento -Ende der Asphaltierung- und es beginnt wieder die geliebte Piste. Entgegen einiger Beschreibungen im Internet aber längst nicht so fürchterlich wie angekündigt, sondern weitgehend erträglich. Natürlich nervend, aber da habe ich beileibe schon viel schlimmere Pisten unter den Rädern gehabt! Was ich aber noch nie gehabt habe, ist die Geschwindigkeit, die ich auf diesen Pisten fahre! Manchmal wären problemlos 30, 40 und an seltenen Stellen sogar über 50 km/h möglich - und, was fahre ich? So manches Mal weniger als 20 km/h! Der Grund ist die Welt um mich herum, die zu beschreiben, mir nicht einmal ansatzweise gelingen wird! Es ist ein Traum, wie er beeindruckender und schöner kaum sein kann! Oft windet sich die Piste in ständigem bergauf und bergab und unzähligen Serpentinen direkt entlang der Küste. Manchmal fast in Höhe der Wasserlinie, dann wieder in schwindelerregenden Höhen in den Steilwänden. Immer wieder knacken meine Ohren, wenn`s `mal wieder zu weit rauf oder runter geht...
Dann sind da die Farben, das unfaßbar klare Blau des Himmels über mir, das tiefe Blau der riesigen, nicht enden wollenden Wasserfläche des Lago Carrera. Dort, wo die Ufer flacher sind, leuchten sie in einem Türkis, das so unwirklich ist, das ich meinen Augen oft nicht trauen will. Dann sind es die Berge um mich herum. Überall steigen sie in Höhen, die ihre Spitzen mit grellweißen Schneefeldern und Gletschern bedecken. Gerade am westlichen Rand erreichen sie sogar Höhen bis über 4.000 Meter. Da der Carrera selbst gerade `mal knapp 220 Meter über dem Meeresspiegel liegt, wirken diese Eisriesen noch viel gewaltiger. Auf einem Mirador (Aussichtspunkt) über der Laguna Verde stehen zwei Frauen, beide Indígenas. Beide rufen und schreien ihre Freude über das Leben und die Welt um sie herum, laut heraus. Als ich bei ihnen stehe, spricht mich eine von ihnen an, deutet mit ausgestrecktem Arm auf den nächsten Höhenzug und sagt einen Satz, den sie bestimmt nicht von Simon & Garfunkel kopiert hat und der mich noch mehr darin bestärkt, das alles nur zu träumen: El Condor pasa - und dort fliegt tatsächlich wieder ein Condor...
Schon früh am Nachmittag finde ich für heute meinen Stellplatz für die Nacht - in einer engen Schlucht, umgeben von der Bergen, von riesigen Bäumen und auf einer saftigen, grünen Wiese... absolut geschützt von dem heftigen, patagonischen Wind, der diese Insel im Sturm nicht erreicht. Stundenlang durchstreife ich die Umgebung und sitze auch endlos auf einem Felsen, hoch über dem See - dann natürlich im Wind - und versuche wieder einmal zu begreifen, wo ich hier eigentlich bin...
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Carrera > entlang des Sees entlang des Lago CarreraDer nächste Tag, Samstag, der 30. Nov. `24, die Piste verläßt für viele Kilometer die Südküste des Carrera und führt ein Stück weit in das nun weitläufigere Hinterland. Hier werden die Wälder immer dichter und die Wiesen noch grüner. Es könnte auch eine Landschaft in den Voralpen sein, wären da nicht die Rinder, die ihr Leben nicht in zugigen Ställen verbringen, sondern ohne jede Enge auf riesigen Weiden frei grasen. Mittendrin sehe ich tiefschwarze Stiere mit ehrfurchtgebietenden, riesigen Ei... Dann wieder eine kleine Herde mitten auf der Piste, geführt von zwei Gauchos auf ihren Pferden und etlichen Hütehunden, die nimmermüde mit lautem Gebell die Herde umkreisen und zusammen halten. Nach gerade 45 gefahrenen Kilometern fahre ich bereits meinen nächsten Stellplatz, hoch über einem türkis leuchtenden Flußdelta an. Neben dem Staunen über die unfaßbare Welt um mich herum, ist auch die Tatsache, daß ich, wie auch schon auf meinem letzten Stellplatz, Netz und damit Internetverbindung habe! ..das Entwicklungsland Deutschland läßt grüßen...
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es geht weiter.....klar, denn nach läppischen zwei Tagen habe ich natürlich noch nicht einmal die Südspitze des Lago Carrera erreicht. Dazu bin ich viel zu sehr mit Staunen -und fotografieren- dieses traumhaften Sees in den patagonischen Anden Chiles beschäftig! Auf der nächsten Seite erreiche ich die berühmte Carretera Austral und ein weiteres, außergewöhnliches Naturwunder..
mehr dazu auf der nächsten Seite...
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