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Einstiegsleiter für den Wohnkoffer des Wanderer

Ohne Einstiegsleiter ist der Zugang in den Koffer nicht wirklich bequem! Immerhin ist die Unterkante des Einstiegs in einer Höhe von 1,6 Metern! .. das ist mit Kaffeetasse in der einen und selbstgebackenen Brötchen in der anderen Hand ein wenig ... unhandlich ... also muß eine vernünftige Einstiegsleiter her! Leider ist das längst nicht so einfach wie es sich im ersten Moment anhört! Das liegt vor allem an den grundsätzlichen und dann an meinen speziellen Anforderungen an den Einstieg. Dabei kommt eine Klapp-Leiter aus dem Baumarkt, der Bucht oder einem Fachhändler nicht infrage und eine Leiter, die folgende Anforderungen erfüllt, gibt`s leider nicht so ohne weiteres zu kaufen ...

  • die Leiter soll fest unter dem Koffer montiert und durch einfaches Herausziehen sofort und uneingeschränkt verwendbar sein! Ein Konstrukt mit einer Klappleiter die "ausgehakt", am Einstieg eingehakt und dann ausgeklappt wird, kommt nicht infrage
  • Tritthöhe, -Tiefe und -Breite sollen weitgehend den Abmessungen normaler Treppenstufen entsprechen
  • die Leiter soll nach Möglichkeit frei schwebend sein und nicht mit Wangen oder Holmen auf dem Boden aufsetzen! Zum einen wird es dadurch allen krabbelnden, kriechenden, springenden und windenden Tierchen ernorm erschwert sich Zugang zum Koffer zu verschaffen - zum anderen haben alle aufsetzenden Leitern einen gemeinsamen Nachteil: Da der Untergrund niemals wirklich eben ist -außer vielleicht auf einem asphaltierten Supermarktparkplatz- setzen Wangen und Holme auch niemals gleichmäßig auf dem Boden auf. Um die ständige Verwindung des Einstiegs zu mildern, sieht man bei so "hochbeinigen" Fahrzeugen immer, daß die Leitern mit Steinen oder Brettchen unterfüttert werden müssen ... unpraktisch, umständlich, unsicher und selten wirklich zu 100% erfolgreich

Um all diese Bedingungen zu erfüllen, ist ein nicht unerheblicher Konstruktionsaufwand erforderlich!

Skizze Einstiegsleiter für den Wanderer

meine Version 1.0 zeigt schon die Tücken im Detail:

  • um beim Heraustreten aus dem Koffer einen sicheren Tritt zu haben, muß die oberste "Stufe" eine Plattform mit großer Trittfläche sein. Das verlängert die gesamte Konstruktion erheblich!
  • wer sich noch schwach an seine Schulzeit erinnert, kann eine lotrechte Linie vom Ansatzpunkt der Leiter bis zum Boden ziehen - das sind besagte 1,60 m. Von diesem Punkt bis zum -gedanklichen- Aufsetzpunkt der Leiter auf dem Boden ist eine zweite Linie zu ziehen. Diese beiden Linien bilden die zwei Katheten eines rechtwinkligen Dreiecks ... und jetzt kommt`s, nämlich der geliebte Pythargoras mit seinem a² + b² = c²! Lange Rede, kurzer Sinn: Die Hypothenuse, also die Einstiegsleiter, wird -und das, obwohl sie nicht auf dem Boden aufsetzt- je nach Anstellwinkel eine freie Länge zwischen 1,50 und 1,70 Metern haben! Das plus der Länge der Plattform, die sich ja aus der Länge der Trittfläche und der Länge der erforderlichen Abstützung unter dem Koffer zusammensetzt, bedeutet, daß die Gesamtlänge der Einstiegsleiter locker in den Bereich der gesamten Kofferbreite (2,40 m) kommt ... und der Koffer wankt während der Fahrt ... Eine Konstruktion zwischen Kofferunterkante und den Anbauten am Rahmen wie den Dieseltanks mit ihren nach oben stehenden Tanköffnungen bedeutet, daß nur eine geringe Höhe zwischen Leiter und Anbauten besteht! Entweder darf der Koffer also nicht wanken oder die Leiter muß kürzer werden ...
  • auch das nächste Problem ist auf der Skizze mit ihren realistischen Proportionen gut zu erkennen: Jede Stufe hat eine Tritttiefe von ungefähr 20 cm. Bei dem hier angenommenen Anstellwinkel ragt aber die Vorderkante der nächst höheren Stufe weit über die darunter liegende Stufe! Das bedeutet beim aufsteigen, daß der aufsteigende Fuß unter die nächste Stufe stößt ... Puh, aber daran könnte man sich durch einen entsprechenden Tritt im Laufe der Zeit noch gewöhnen, aber jetzt kommt das -gedankliche- Heruntersteigen: Hier steht dem absteigenden Fuß höchstens die halbe Trittfläche der nächsten Stufe zur Verfügung, also gerade `mal 10 cm! .. und das sind für einen freien und sicheren Abstieg ohne Geländer erheblich zu wenig!
    Also ... Anstellwinkel verringern! Auf 40 oder 30° ... das aber verlängert die Leiter wieder! Außerdem werden die Hebelkräfte an der Abstützung der Holme immer größer! Oder Anzahl der Stufen verringern ... das erhöht aber wieder die Tritthöhe ...
    Also ... eine eierlegende Wollmilchsau ist gefragt!
  • ach so, Hebelkräfte ... die gesamte Konstruktion hat in der Skizze oben einen Dreh-/Lagerpunkt ... den kleinen Kringel unter der Einstiegskante des Koffers. Genau hier müssen alle Hebelkräfte der Konstruktion einschl. der Person die auf der Leiter steht, abgefangen werden! `mal so gaaaanz grob: 1 leicht übergewichtiger Kerl wiegt ca. 100 kg, das entspricht ~ 1.000 N bei einem maximalen Hebelarm von ~ 1,9 m (0,5 m Plattform + 1,4 m Hebellänge auf der untersten Stufe) und das wiederrum ergibt ein Drehmoment von 1.900 Nm! Das ist gewaltig! Das ist fast 3 x so viel wie der Steyr Motor leistet! Das ist so wie in der Skizze eigentlich nicht zu beherrschen ...

Seit Monaten bereits steige ich über eine wackelige Klappleiter, die auf einem seitlich stark abfallenden Untergrund "steht", in meinen Koffer. Die Konstruktion des richtigen Einstiegs ist also ein willkommener Anlaß, hier ein "begehbares" Modell zu bauen um alle theoretischen Überlegungen auch in der Praxis zu testen - selbst die NASA geht aus guten Gründen so vor! Darf ich also vorstellen: Die Leiter V 2.0 mit einem Anstellwinkel von 60°:

provisorische Einstiegsleiter in den Wanderer

Dieses Modell, dessen Geometrie noch "aus dem Bauch" heraus mit einem dicken Daumen als Winkelmesser entstanden ist, zeigt auf Anhieb alle Konsequenzen einer vorgegebenen Geometrie: Schon auf dem Bild ist deutlich zu erkennen, daß die einzelnen Stufen sich überlappen und die Stufentiefe von 20 cm überhaupt nicht genutzt werden kann. Vorwärts heruntergehen ist dabei kaum sicher möglich! V 2.0 ist damit genau das, was schon der Name sagt: Eine (steile) Leiter! Auch wenn der Name in der Endversion bleiben soll, die Funktionalität muß jedoch eindeutig in Richtung einer Treppe gehen ...

Wie verzwickt dieses Problem ist, zeigt die nächste Grafik in der ich 3 unterschiedliche Varianten durchgespielt habe ...

Geometrie Varianten einer Einstiegsleiter

Ein vernüftiger Kompromiß aus Anstellwinkel, Tritthöhe, Tritttiefe und Länge schien mir die Version rechts mit 50° zu sein. Es folgt also nach den bisher gemachten Erfahrungen der Umbau der Leiter zu Version 2.1:

An den schwarzen Markierungslinien der vorderen Wange ist noch deutlich der ursprüngliche Anstellwinkel der ersten Version zu sehen. Der Winkel ist jetzt um ca. 10° flacher geworden und die Tritttiefe der Stufen steht bei diesem Stufenabstand nahezu vollständig für den Tritt zur Verfügung:

provisorische Einstiegsleiter, V 2.1

Über dieses Geometrie-Modell kann ich numehr 2 grundsätzliche Entscheidungen treffen:

  1. alle Winkel und Abstände -auch der von der untersten Trittstufe zum Boden- sind jetzt in der Praxis überprüft und könn(t)en so für die endgültige Version übernommen werden
  2. eine Leiter mit festen Wangen -so wie hier im Modell- scheidet für die Einbauversion aus. Wangen bieten zwar eine größere konstruktive Stabilität der Leiter, vor allem gegen seitliche Scherbewegungen, leider aber beansprucht diese Bauform zuviel Höhe unter dem Koffer. Die Gefahr, daß die Leiter beim Wanken des Koffers auf dem Tank aufsetzt, ist zu groß. Als Folge wird die nächste Version aus beweglichen Holmen nach dem Scherenprinzip bestehen - so, wie auch in der allersten Skizze weiter oben bereits zu sehen ist.
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Fertigstellung der Einstiegsleiter

Diese ersten Planungen und Modelle sind jetzt, im September 2020, schon fast 3 Jahre alt! 3 Jahre, in denen ich immer wieder gegrübelt, recherchiert, geplant, neue Modelle gebaut ... und wieder verworfen habe. Dann waren wieder für ein paar Wochen oder Monate andere Arbeiten angesagt bis zur nächsten Leiterversion ... und zur nächsten ...

JumboEnde 2019 dann eine Richtungsentscheidung:

Die Einstiegsleiter für den Wanderer wird auf Basis der Little Jumbo (https://www.accipo.de/), einer klappbaren Stehleiter und einem auf Schwerlastschienen ausziehbaren Podest konzipiert. Beides soll wie eine Schublade unter dem Kofferboden liegen und bei Bedarf in Sekundenschnelle ausgezogen werden können.
Dazu entferne ich den oberen Steh- und Haltebügel sowie die hinteren Holme der Jumbo. Die vorderen Holme werden mit Alu-Flachstangen verlängert.

provisorische Einstiegsleiter am Wanderer

Das Bild oben zeigt die bereits modifizierte Jumbo einige Wochen später bei einer 4 monatigen Reise durch Marokko. Noch hängt die Leiter in provisorischen Winkeln an der Kofferkante und muß zur Fahrt jedes Mal abmontiert und wieder in der Heckgarage verstaut werden.

Nach der Rückkehr nach Deutschland beginnt der eigentliche Bau der Einstiegsleiter für den Wanderer. Natürlich gibt es auch hier wieder 1000 kleine Teufelchen im Detail und etliche Fallstricke. Da sich Koffer und Fahrzeugrahmen während der Fahrt gegeneinander verschränken und der Platz unter dem Kofferboden in Breite und Höhe stark eingeschränkt ist, wollte und mußte ich hier auf "Nummer Sicher" gehen und mit einem 1 : 1 Modell die Funktionalität in jedem Fall sicherstellen!
Es folgen die nächsten Modellversionen und Tests am Fahrzeug ...

LupeBilder können mit einem Mausklick vergrößert
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Modell 1 des Podestes für die LeiterModell 1 des Podestes für die Leiter

aufgebautes Modell 1 Leitermit der Leiter zusammengebaut

Modell 2 im Modell 2 im "Testbetrieb"

modifiziertes Modell 2.1modifiziertes Modell 2.1

Zum wiederholten Mal hat sich gezeigt, daß bei etlichen Arbeiten ein Holzmodell nicht nur hilfreich, sondern unabdingbar ist! Erst die letzte Modellversion kommt in die richtige Position, ist hoch genug, um sicher aus dem Fahrzeug auf die Trittfläche zu treten, liegt aber auch so flach, daß sie nicht mit anderen Anbauten unter dem Kofferboden kollidiert, ist kurz genug, um komplett unter dem Kofferboden eingeschoben zu werden, läuft sicher an Abflußrohren vorbei, ist auch kurz genug, um bei Verschränkung zwischen Kofferboden und Fahrzeugrahmen nicht auf den Tanks aufzusetzen ...

Sieht man später das fertige Werk, sagt jeder: "Na klar, `ne Leiter, sieht gut aus! Selbst gemacht? Klasse, ist praktisch" ... und das ist es. Was da an Tüftelei und Arbeit drin steckt, wird niemand mehr bemerken ...

aus dem Modell entsteht die Trittfläche der Einstiegsleiter
aus dem Modell entsteht schrittweise die endgültige Version des Podestes - der Trittfläche der Einstiegsleiter

Millimeterarbeit
Millimeterarbeit! Die Trittfläche muß so hoch wie möglich kommen, darf aber weder mit Schrauben am Kofferboden noch mit denen der Schwerlastschienen kollidieren

letzter Test der Trittfläche
letzter Test der Trittfläche - eingesetzt in den Laufschienen unter dem Kofferboden

Wir schreiben inzwischen den 30. September 2020 und während Donald Trump und Joe Biden ihr Chaos-Rededuell verarbeiten, bin ich auf dem Weg zu einer Einstiegsleiter für den Wanderer einen weiteren, riesigen Schritt vorangekommen! Die Laufschienen für die Leiter haben nach endlosen Messungen und dem testweisen Bekleben mit kleinen Fähnchen aus Pappe endlich ihre Anschlagwinkel bekommen. Kein Mensch wird später die Arbeit sehen, die allein in so einem Detail steckt! Klar muß ich jetzt ein bischen Jammern um mich dann selbst zu loben: Schwierig ist das deshalb gewesen, weil zwischen der Kofferunterkante und dem Rahmen des Steyr weniger als 20 cm Platz sind. Dort waren dann die "nackten" U-Profile der Schienen provisorisch mit Holz verkeilt. Das Problem jetzt: Wie kriecht man in so einen schmalen Spalt um die Anschlagspunkte genau zu vermessen? Antwort: Geht nicht! Das wäre mir vielleicht noch als 8-Jähriger gelungen ... jetzt sicher nicht mehr! Von den Seiten aus zu messen, ist ebenfalls alles andere als trivial, da durch die Perspektive ein 1,5 m entfernter Anschlagpunkt nicht wirklich sicher meßbar ist. Lange Rede, kurzer Sinn: Es war einfach nur unendlich mühseelig ... Dann noch das Schweißen von Aluminiumwinkeln an die Profile, die natürlich nicht plan abschließen, sondern je nach Anbauten unter dem Koffer einen Höhenversatz von 5 und 8 mm über dem Profil haben mußten ...

Es ist vollbracht - hier das Ergebnis, das man in dieser Pracht später kaum mehr zu Gesicht bekommen wird:

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Laufschienen für die Einstiegsleiter
Laufschienen für die Einstiegsleiter mit den Anschlägen zur Befestigung unter dem Kofferboden. In diesen Schienen werden Podest und Leiter wie eine Schublade unter dem Kofferboden versenkt bzw. ausgezogen

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Anschläge für die Laufschienen
an den Anschlägen sind auch die unterschiedlichen Höhenversätze zu erkennen

Jetzt müssen die Anschläge nur noch passend gebohrt werden ... nur noch ... und natürlich auch ein paar Gegenbohrungen im Kofferboden - in einem 20 cm hohen Spalt zwischen Boden und Rahmen und 1,5 m von den Seiten entfernt ... und natürlich die abschließende Verschraubung ... nur noch ..

17. Oktober 2020: Nach über drei Jahren mit recherchieren, planen, grübeln, Modelle bauen, alles wieder verwerfen und vergessen, Monate später wieder neu anfangen und immer und immer wieder, ist es jetzt geschafft! Die Laufschienen sind unter dem Koffer montiert, die Leiter eingebaut - und, das entscheidende: Es funktioniert! Nichts biegt sich durch! Nichts knackt! Nichts verschiebt sich! Der Wanderer hat endlich seine Einstiegsleiter!

pixLupe

Laufschienen der Einstiegsleiter unter dem Kofferboden
Die Laufschienen der Einstiegsleiter unter dem Kofferboden - hier auf der Einstiegsseite

Laufschienen der Einstiegsleiter unter dem Kofferboden
Laufschienen und ausgezogenes Podest unter dem Kofferboden - hier aus Sicht der Fahrerseite

Einstiegsleiter am Wanderer
Einstiegsleiter am Wanderer

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Podest der Einstiegsleiter im ausgezogenen Zustand
Podest der Einstiegsleiter im ausgezogenen Zustand

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Belastungstest der Einstiegsleiter
"Belastungstest" der Einstiegsleiter durch Selbstexperiment ... Nichts biegt sich durch! Nichts knackt! Nichts verschiebt sich!

 

.. was jetzt noch folgt, ist wahrlich Kleinkram: Einige Ecken und Kanten müssen noch geschliffen werden, `ne handvoll U-Scheiben müssen plaziert und ein paar Schrauben gewechselt werden, die Holme der Leiter bekommen noch Katzenaugen damit niemand im Dämmerlich dagegen stolpert und Arretierungen sollen das Verrutschen der Leiter verhindern ... peanuts im Vergleich zu dem, was bereits geschafft ist!

 

Nachtrag:
Arretierungen der Schublade Auf beiden Seiten der Führungsschienen sind zwischenzeitlich auch diese Arretierungen mit zwei Rastbolzen montiert. Angenehmer Nebeneffekt der gesamten Konstruktion: Die Leiter ist zwar durch die Bolzen arretiert, bei Bewegungen des Koffers jedoch kann die Schublade mit der Plattform leicht in den Schwerlastschienen einfedern und diese Bewegungen ausgleichen! Das heißt: Oft habe ich bei anderen Selbstausbauern gehört und gelesen, daß jeder Schritt im Aufbau zu leichten Wankbewegungen des Koffers führt und das wiederum führt zu nervendem Quietschen der Einstiegsleiter aufgrund  der Verwindungen. Das also passiert beim Wanderer durch die immer noch bewegliche Schublade nicht!

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